Warum Väter in Österreich so selten in Karenz gehen – und was sich ändern muss

Der Standard-Artikel „Fünf Gründe, warum Väter so selten in Karenz gehen“ von Melanie Raidl vom 10. September 2025 analysiert, warum Väter in Österreich nach wie vor so selten in Karenz gehen, obwohl rechtlich dieselben Möglichkeiten wie für Mütter bestehen. Die zentralen Punkte des Artikels:

Faktenlage:

  • Nur 7,7 % der Väter arbeiten in Teilzeit (vs. 74 % der Frauen).
  • Nur 2 % der Väter nehmen Karenz von 3–6 Monaten, 1 % länger.
  • Im OECD-Vergleich liegt Österreich mit rund jedem sechsten Vater weit zurück (Schweden/Finnland: ~80 %, Niederlande: ~90 %).
  • Der 2017 eingeführte Partnerschaftsbonus bleibt kaum genutzt.

Fünf Hauptgründe für die geringe Väterkarenz:

  1. Finanzielle Situation
    Männer verdienen im Schnitt mehr (Gender Pay Gap 16,6 %). Häufig wird argumentiert, es „rechne sich“ nicht, wenn der Vater geht. Soziologin Sonja Dörfler-Bolt widerspricht: Die Einkommensschere entsteht v. a. dadurch, dass Frauen nach Geburt reduzieren. Auch wenn Frauen mehr verdienen, gehen sie meist in Karenz.
  2. Schwierigkeiten im Unternehmen
    Obwohl ein Rechtsanspruch besteht, stoßen Väter auf Widerstand oder Unverständnis. Karenz wird oft nur im gesetzlichen Minimum akzeptiert. Längere Karenzen gelten als „ungewöhnlich“ und können Nachteile im Job bedeuten. Ein Modell mit beiden Eltern in ~30h-Teilzeit wird als Lösungsweg gesehen.
  3. Gesellschaftliche Rollenverteilung
    Österreich hält stärker an traditionellen Rollenbildern fest: Mutter als Hauptbetreuerin, Vater als Ernährer. Selbst in Gerichtsentscheidungen wird diese Sichtweise manchmal reproduziert. Teilweise setzen auch Frauen selbst diese Erwartungshaltung fort.
  4. „Meine Frau lässt mich nicht“ – Maternal Gatekeeping
    Manche Mütter beanspruchen bewusst die Hauptverantwortung. Väter fügen sich oft, selbst wenn sie Karenz wollen. Ein stärker reservierter Karenzanteil für Väter könnte hier gegensteuern. Rechtlich stehen beiden Eltern ab Ende des Mutterschutzes dieselben Karenzrechte zu, praktisch übernehmen jedoch fast immer die Mütter.
  5. Zu wenige Vorbilder
    Männer fehlen positive Beispiele im Umfeld. Wenn Väter in höheren Positionen Karenz nehmen, steigt die Akzeptanz. Unwissen über Fristen und Rechte verstärkt die Unsicherheit.

Schlussfolgerung:
Väterkarenz in Österreich ist rechtlich möglich, wird aber durch finanzielle Argumente, betriebliche Hürden, tradierte Rollenbilder, familiäre Aushandlungen und fehlende Vorbilder blockiert. Kleine strukturelle Änderungen – etwa längere reservierte Anteile oder bessere Information – könnten große Wirkung entfalten.

Wir laden betroffene Väter ein, uns ihre eigenen Erfahrungen mit Karenz und Teilzeit zu schildern. Diese Erfahrungsberichte helfen, die Diskussion faktenbasiert zu führen und politische wie gesellschaftliche Veränderungen anzustoßen.

Kontaktformular aufrufen


Erzählen Sie Freunden & Bekannten von der parteiübergreifenden Initiative
"Wir Väter - für verantwortungsvolle Vaterschaft":

Newsletter abonnieren

Ähnliche Beiträge

×