Kampagne für Väterkarenz im öffentlichen Dienst
Gut versteckt auf der Homepage des Bundeskanzleramtes (BKA) gibt es einen Spot zur Väterkarenz. Der öffentlichen Dienst übernimmt damit eine Vorbildfunktion. Der Spot thematisiert die Beweggründe junger Väter zur Karenz sowie die Reaktionen aus dem Umfeld. Der Spot soll sie in ihrer Entscheidungsfindung unterstützen. Die Botschaft: „Selbstbewusste Väter gehen in Karenz!“ Gratulation und einen Dank dafür von „Wir Väter“ an das BKA.
Seit mittlerweile 30 Jahren besteht in Österreich das Recht auf Väterkarenz. Leider ist die Beteiligung von Vätern immer noch gering und kurz, obwohl über die Hälfte der Väter sich gern mehr familiär engagieren würde, bei den jungen Vätern sind es sogar 70%. Laut Studie des deutschen Familienministerium überlegen 70% der Väter ihren Job wegen mangelnder Vereinbarkeit zu kündigen. Dennoch arbeiten rund 90 % der berufstätigen Väter weiterhin in Vollzeit. Direkte oder indirekte Aussagen von Vorgesetzen sind oft hindernde Faktoren für die Inanspruchnahme gesetzlich geregelter Elternteilzeitarbeit. Sie brauchen mehr Wissen und Austausch über praktikable auf den jeweiligen Arbeitsplatz passenden Personalmanagement Tools. Erst dann kann eine glaubwürdige Unternehmenskultur gelebt werden, welche mehr Väter zur Karenz motiviert. Zentral sind dabei für die Arbeitgeber v.a. die frühzeitige Ankündigung der Elternzeit und die kooperative Klärung der Vertretungsfrage. Aber auch der Abbau von Ängsten, Vorurteilen, vorauseilende Selbstbeschränkungen und die Überwindung männlicher Präsenzideale und -rituale am Arbeitsplatz ist notwendig
Eine partnerschaftliche(re) Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit durch mehr und längere Väterkarenzen wäre ein Beitrag zu mehr Gleichstellung und Chancengleichheit in unserer Gesellschaft sowie zu Vermeidung von Altersarmut. Engagierte Väter entlasten Frauen in ihrem Berufsleben bzw. bei ihrer Karriere und bringen mehr Akzeptanz für Maßnahmen der Frauenförderung auf.
Alle paar Jahre ein Spot oder eine Bewusstseinskampagne reicht nicht aus, um dies zu ändern. Ein internationaler Vergleich zeigt, Länder mit höherer Inanspruchnahme von Väterkarenz haben dafür verschiedene Hebel eingesetzt. Weiters ist es notwendig die Kampagnen langfristig über mehrere Jahre bzw. Jahrzehnte, flächendeckend in ganz Österreich und auch mit Präsenzveranstaltungen (u.a. mit positiven Role-Models) sowie Workshops zur Umsetzung zu planen und durchzuführen. Hier einige Vorschläge auf betrieblicher sowie breit angelegte Imagekampagne in allen Männerberufen und -vereinen.
Obwohl Schweden bereits Anfang der 70er Jahre die Vaterkarenz eingeführt hatte, veränderte sich lange nicht viel. Das änderte sich erst, als sich alle Männervereine einer Imagekampagne unterziehen mussten. Bei Weigerung drohten Förderkürzungen. Bundesheer und Polizei mussten sich ebenfalls damit auseinandersetzen. Mittlerweile ist Väterkarenz ein Selbstverständlichkeit. Auch die Einbeziehung von positiven Role-Models österreichweit, über mehrere Jahre sowie gesetzlicher Ebene.
Einbeziehung von Führungskräften: Sehr wirksam sind Führungskräfte, welche das Thema proaktiv angehen bzw. selbst in Karenz waren. Es ist wichtig den gesamten Zeitraum von Schwangerschaft bis Wiedereinstieg im Fokus zu haben, um alle Vorurteile bzw. Hindernisse zur Väterkarenz bearbeiten zu können. Ein wichtiger Teil familienbewusster Personalpolitik beinhaltet praxistaugliche Konzepte zum Übergangsmanagement in die und aus der Elternzeit zu entwickeln und umzusetzen, um Mitarbeiter*innen v.a. den Wiedereinstieg in die Erwerbsarbeit zu erleichtern und den Familien Zeit zur Wiederanpassung an den Erwerbsalltag zu geben.
Betriebliche Väternetzwerke bzw. -beauftragte: Peer-to-Peer Ansätze zwischen (potenziellen) Väter sind in vielen Betrieben in ganz Europa eine starke Basis für eine Wandel in der Unternehmenskultur, sowohl auf Ebene der Mitarbeiter, aber auch der Führungskräfte. Oft arbeiten sie Hand in Hand mit den Mitarbeiterinnen sowie Gleichstellungsbeauftragen für eine bessere Vereinbarkeit und Karrierechancen.
Verbindliche Karenzzeiten für Väter: Eine ausschließlich den Vätern vorbehaltene Zeit in jedem Karenzmodell wäre ein Schritt. Derzeit sind zum Beispiel beim geteilten Karenz mindestens 2 Monate von Vätern in Anspruch zu nehmen. In diesem Modell könnte der Väteranteil jedes Jahr um einen Monat erhöht werden. Zeit sich daran zu gewöhnen. In 9 Jahren wären wir auf Halbe/Halbe.
Familienarbeitszeitmodell: Um die elterliche Verantwortung langfristig gerechter zu verteilen bedarf es darüber hinaus eine gerechtere Aufteilung der Arbeitszeiten. Das von der Arbeiterkammer und dem ÖGB unterstütze Familienarbeitszeitmodell könnte dabei eine wesentliche Rolle spielen. Kern des Modells ist es, dass Väter und Mütter um die 30 Stunden arbeiten und bis zum 4. Lebensjahr des Kindes eine Lohnausgleichszahlung bekommen.
Aussetzung des Prinzip der Anspannung für aktive Väter: Nach der Trennung sind Väter dem Prinzip der Anspannung unterworfen, welches von einem traditionellen Familienmodell mit einem Familienernährer als „pflichtgetreuer Elternteil“ (bonus pater familias) und einem zur Care Arbeit verpflichten Elternteil ausgeht. Dies zwingt Väter, welche bisher bzw. in Zukunft partnerschaftlich Care Arbeit übernommen haben bzw. dies zukünftig zu tun, wieder bzw. weiterhin zu Vollzeit zu arbeiten, um einen Unterhalt zu leisten, der sich an einem erzielbaren Einkommen orientiert, welches durch eine Vollzeit-Erwerbstätigkeit entsprechend ihren Fähigkeiten erwirtschaftet werden kann.
Besonders die beiden letztgenannten Punkte könnten eine wesentliche Rolle dabei spielen, Mütter in ihrer Unabhängigkeit zu unterstützen und Väter zu ermutigen gleichermaßen Verantwortung zu übernehmen. Die Regierung hat angekündigt fundamentale Schritte zu unternehmen, erprobte Möglichkeiten gäbe es genug.
Anton Pototschnig
Michael Bockhorni
Für die Initiative „Wir Väter“
Alle Videos der Kampagne:
