Schweiz als Vorreiter: Gesetzesreform zur Doppelresidenz in Begutachtung
Während in Österreich über die Grundlagen einer echten partnerschaftlichen Elternschaft nach Trennung nicht einmal diskutiert wird, macht die Schweiz einen weiteren großen Schritt. Bereits seit 2017 ist das Gericht verpflichtet zu prüfen, ob die alternierende Obhut (Doppelresidenz) im Einzelfall dem Kindeswohl am besten entspricht, wenn ein Elternteil oder ein Kind dies verlangt und es dem Kindeswohl entspricht. Nachdem viele Richter:innen den Willen des Gesetzgebers missachten und die alternierende Obhut nur dann umsetzen, wenn beide Elternteile diesem Modell zustimmen, geht ein neues Gesetz in Begutachtung, welches dieser willkürlichen Spruchpraxis entgegenwirken soll.
Die Rechtskommission des Nationalrates hat deshalb im Mai 2025 einen Gesetzesentwurf zur Förderung der alternierenden Obhut in Begutachtung geschickt. Bis Mitte Oktober können Organisationen, Fachleute und Interessierte dazu Stellung nehmen.
Der Entwurf sieht zwei Varianten vor. Ziel ist es, das Kindeswohl durch eine ausgewogene Beteiligung beider Elternteile an der Betreuung zu stärken, die Chancengleichheit zu fördern und den Zugang zum Arbeitsmarkt für beide Elternteile zu begünstigen. :
Variante 1
Die alternierende Obhut wird bevorzugt, wenn ein Elternteil oder das Kind dies verlangt – auch gegen den Willen des anderen Elternteils, sofern es dem Kindeswohl entspricht. Damit würde die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichts erstmals explizit im Gesetz verankert.
Variante 2
Geht noch weiter:
Gerichte und Kindesschutzbehörden wären verpflichtet, grundsätzlich eine 50:50-Betreuung zu prüfen – auch ohne Antrag eines Elternteils, wenn keine Aussicht besteht, dass sich die Eltern hinsichtlich der Betreuungszeiten einigen. Nur wenn das Kindeswohl dagegen spricht, darf davon abgewichen werden.
Warum das wichtig ist – auch für Österreich
Die Schweiz zeigt mit diesem Reformvorschlag, wie Familienpolitik im Sinne aller Beteiligten gestaltet werden kann: kindzentriert, evidenzbasiert und geschlechtergerecht. Statt alte Rollenmuster zu zementieren, wird die gleichwertige Verantwortung beider Eltern gestärkt.
In Österreich hingegen ist die gemeinsame Obsorge nach Trennung noch immer keine Selbstverständlichkeit. Die paritätische Doppelresidenz wird selten umgesetzt und ist – trotz klarer Studienlage und breiter gesellschaftlicher Unterstützung – nicht gesetzlich verankert.
Unsere Forderung
Wir Väter fordern seit Jahren:
- Gemeinsame Obsorge als Regelfall
- Gesetzliche Verankerung der Doppelresidenz
- Wegfall diskriminierender Begriffe wie „hauptsächliche Betreuungsperson“
- Verbindliche Mindestbetreuungszeiten mit beiden Elternteilen
Die Schweiz liefert nun einen konkreten Fahrplan, an dem sich auch Österreich orientieren sollte. Eine fortschrittliche Familienpolitik darf nicht länger ideologisch blockiert, sondern muss am Kindeswohl und der gesellschaftlichen Realität orientiert werden.
Weiterführende Informationen zur Schweizer Reform:
Zur offiziellen Vernehmlassung (Parlament.ch)