OGH Urteil: Hauptaufenthalt
10Ob58/25i — OGH am 21.10.2025
| Obsorgeregelung für Minderjährige: Hauptaufenthalt bei Vater trotz Wunsches der Kinder Sachverhalt: Nach der Trennung der Eltern lebten die drei minderjährigen Kinder zunächst beim Vater, dann aufgrund eines Beschlusses bei der Mutter. Eine spätere Vereinbarung verlegte den Hauptaufenthalt zurück zum Vater, wobei die Obsorge weiterhin gemeinsam blieb. Die Mutter beantragte, den Hauptaufenthalt wieder bei ihr festzulegen, gestützt auf den Wunsch der Kinder. Das Erstgericht gab dem Antrag statt, das Rekursgericht hob diese Entscheidung jedoch auf, da keine wesentliche Änderung der Verhältnisse vorlag, die eine Änderung der Obsorgeregelung rechtfertigen würde. Der Oberste Gerichtshof wies den außerordentlichen Revisionsrekurs der Mutter zurück, da keine erheblichen Rechtsfragen vorlagen und die Beurteilung des Rekursgerichts im Rahmen seines Ermessens lag.Spruch: Der außerordentliche Revisionsrekurs der Mutter wird mangels erheblicher Rechtsfragen zurückgewiesen.Rechtliche Beurteilung:Das Rekursgericht stützte seine Entscheidung auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur nachträglichen Änderung von Obsorgeregelungen gemäß § 180 Abs 3 ABGB. Nach dieser Bestimmung ist eine Änderung der Verhältnisse erforderlich, die derart gewichtig ist, dass das Postulat der Erziehungskontinuität in den Hintergrund tritt (RS0132056; RS0128809 [T5]). Eine Gefährdung des Kindeswohls ist dabei nicht Voraussetzung.Der Oberste Gerichtshof bestätigte, dass diese Grundsätze auch dann gelten, wenn die Obsorge beider Elternteile aufrecht bleibt, aber über die hauptsächliche Betreuung zu entscheiden ist (RS0133864). Der Umstand, dass die hauptsächliche Betreuung auf einer Vereinbarung der Eltern beruht, ändert an der Anwendbarkeit des § 180 Abs 3 ABGB nichts (RS0128809 [T1]).Das Rekursgericht verneinte eine wesentliche Änderung der Verhältnisse seit der Vereinbarung vom Februar 2024. Der Oberste Gerichtshof sah darin keine Überschreitung des Beurteilungsspielraums. Entgegen der Argumentation der Mutter habe das Rekursgericht den Willen der beiden älteren Minderjährigen nicht als unbeachtlich abgetan oder deren Urteilsfähigkeit verneint. Vielmehr sei der Wunsch der Kinder angesichts ihrer bisherigen, bereits aktenkundigen Äußerungen keine wesentliche Änderung der Verhältnisse.Zur Rüge der unterlassenen Einholung eines kinderpsychologischen Sachverständigengutachtens hielt der Oberste Gerichtshof fest, dass die Frage der Notwendigkeit eines Gutachtens eine Frage der Beweiswürdigung darstellt und nicht der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof unterliegt (RS0043320 [T9, T10, T11]; RS0043414). Zudem habe das Rekursgericht den Willen der Minderjährigen als deren eigenen betrachtet und seine Entscheidung nicht auf eine mögliche Beeinflussung durch die Mutter gestützt. |
Zitierte Normen: § 62 Abs. 1 AußStrG · § 180 Abs. 3 ABGB
